Der Spiegel berichtet „Kostenlose Retouren bei Mode gelten als Auslaufmodell“ – ein Diskussionsbeitrag wider der Erosion des Widerrufsrechts.
I. Das Widerrufsrecht im Fernabsatz
Im Fernabsatz können Verbraucher Kaufverträge widerrufen. Der Vertrag wird unwirksam.
Nach der ursprünglichen Konzeption des Widerrufsrechts folgt daraus die Möglichkeit der kostenlosen Rücksendung. Dies ist rechtsdogmatisch konsequent. Das Widerrufsrecht im E-Commerce (Versandhandel) dient der „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren“ wie sie im Ladengeschäft möglich gewesen wäre.
II. Rechtsänderungen zu Lasten der Verbraucher und des lokalen Handels
Das Widerrufsrecht wurde seit seiner Einführung schon mehrfach zu Lasten der Verbraucher und des lokalen Handels abgeändert.
Neu eingeführt wurde schon vor einigen Jahren die Regel: Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat.
Diese Regel weicht zu Lasten von Kunden und Wettbewerbern des lokalen Handels vom hohen Rechtsgrundsatz „Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern.“ ab.
Auch hier gilt: Ausnahmeregelungen sollten die Ausnahme bleiben. Ist ein entsprechendes Privileg des Online-Handels gerechtfertigt?
III. Faire Rücknahmepolitik
Ursprünglich war das Widerrufsrecht im Grundsatz mit der kostenlosen Rücksendung für die Verbraucher versehen. Dies war rechtsdogmatisch konsequent unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (im Ladengeschäft kann man [im Sinne von Kunde] sich Waren ansehen, so lange man möchte) und des Wettbewerbsrechts. Der Reichweitenvorteil des Absatzwegs gegenüber den anderen Händlern ist eine Verpflichtung im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz.
IV. Ausblick
Für die faire Verteilung der Rücksendekosten kommt zunächst der Versandhändler in Betracht.
Es wäre ökonomisch wie ökologisch sinnvoll, Versandwege zu vermeiden. Es kommt zu keiner Rücksendung, wenn das Produkt den Erwartungen des Kunden entspricht. Der Händler muss das Produkt sorgfältig beschreiben. Sodann muss der Kunde Beschreibung und Produkt sorgfältig würdigen. Bei Anprobeware ist auch im Ladengeschäft typisch, dass sie schon bei bloßem Nicht-Gefallen nicht weiter für den Abschuss des Kaufvertrags in Betracht kommt.
Der beste Anreiz gegen Rücksendungen sind wertige Produkte. Dieser Anreiz sollte nicht durch privilegierende Regeln aus dem Markt genommen werden.