Der Banause im UrhG

Der kunsthistorische Begriff des Banausen findet ein entsprechendes Institut im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG).

Meine Nachbarin hat das Mädchen mit den Perlenohrringen aufgehangen in ihrem Schaufenster. Vorstehender Satz ist leider nicht lediglich ungeschickt formuliert. Bildlich gesprochen hat sie es wirklich getan – Jemand hat das Mädchen angekrizelt.

Im Schaufenster meiner Nachbarin hängt also ein leicht vergrößerter Nachdruck auf Leinwand des Gemäldes „Meisje met de parel“ von Jan Vermeer – mit Kommentaren und weiteren Bearbeitungen, mit grobstrichigem Digitalpinsel aufgepixelt. Insbesondere hat der Bearbeiter auf dem Werk Vermeers auf den Augen der Abgebildeten gekritzelt. Das geht mir persönlich etwas weit – diplomatisch gesprochen. In Wahrheit denke ich mir: „Banause!“. Es steht dringend zu vermuten, auch Vermeer wäre nicht begeistert, gelinde gesagt.

Grundsätzlich lässt das deutsche Urheberrecht Bearbeitungen älterer Werke zu. Ausdrücklich weist das Gesetz daneben gar auf die Möglichkeit von Karikaturen und Parodien. Dabei gelten selbstverständlich bereits die dem Urheberrechtsgesetz innewohnenden Schranken, wie beispielsweise das Urheberpersönlichkeitsrecht.

Abschließend könnte ich hier nicht die Rechtmäßigkeit der gesamten Bearbeitung beurteilen. Dazu müsste man den Rechtsnachfolgern einerseits und dem Bearbeiter anderseits Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Derzeit tendiere ich zu der Einschätzung, dass die Erben Vermeers die überwiegenden Erfolgsaussichten in einer betreffenden Rechtsstreitigkeit hätten. Es ist schwer zu ermitteln, wie viel Humor Vermeer hatte. Das Bild offenbart jedoch höchste Sorgfalt und viel Einfühlungsvermögen. Vermeer mochte das Mädchen und ihr auf den Augen zu pinseln würde ihn ärgern. Das geht mir etwas zu weit.

Ohne das Gesamtergebnis vorwegzunehmen, kann man aber bereits sagen: Banause ist jedenfalls, wer das Urheberpersönlichkeitsrecht in ästhetischer Hinsicht grob verletzt. Der Ausspruch von Kunstfreunden „Banause“ findet also durchaus ein Institut zu seiner rechtlichen Würdigung im Gesetz. Wer also überlegt, auf ein Werk eines Künstlers aufzusetzen, sei erinnert: Achten Sie den Künstler und sein Werk.  

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