Recht kontinuierlich

Manche Dinge ändern sich nicht: „Das Trinkgeld ist also in rechtlicher Beziehung eine völlig freie Gabe.“

Wer auch Jura studiert hat, kennt diesen Satz wahrscheinlich aus dem ersten Semester, als die Abgrezung zwischen Geschäft und Gefälligkeit erklärt wurde. Diejenigen, die sich mit Vertragsrecht und seiner Dogmatik beschäftigt haben, kennen den Satz vielleicht aus Jherings Aufsatz „Das Trinkgeld“ von 1882. Einge Gründe und viele Kritikpunkte aus der Schrift sind spätestens seit der Einführung eines Mindestlohns überholt. Die rechtsdogmatische Einordnung ist zeitlos.

Die Wertung gilt auch für das Recht der Grundsicherung. Daran erinnert das Bundessozialgericht mit Entscheidung vom 13. Juli 2022 (siehe auch Pressemitteilung 29/2022 vom 13. Juli 2022): „Das Trinkgeld ist vielmehr eine Zuwendung, die Dritte erbringen, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht.“

Der Aufsatz und die Entscheidung bleiben lesenswert – nicht so sehr für die Rechtsfrage im Einzelfall, nicht so sehr für die Wiederholung der Grundlagen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre; sonder vielmehr für das Verhältnis von Zivilrecht und Sozialrecht und ein kleines Stück Rechtsgeschichte, das immer wieder auftaucht. So selbstverständlich manches sein mag, so wenig rechtlich fassbar kann es sein – was kein Grund wäre, nicht ein Urteil, einen Aufsatz oder einen Beitrag darüber zu schreiben.

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