Zeit zum Lesen

Man kann nicht (sachgerecht und vollständig) zu etwas Stellung nehmen, das man noch nicht einmal in Ruhe vollständig lesen (und vielleicht sogar einmal überdenken) konnte. Daher schließe ich mich nachstehender Erklärung des Deutschen Anwaltvereins an:

„Schneller ist nicht besser! Gute Gesetz­gebung kann nur funktio­nieren, wenn man sich die Zeit nimmt, das Gesetz zu prüfen und zu beraten. Wir beobachten nicht erst unter der aktuellen Regierung eine übertriebene Beschleu­nigung der parlamen­ta­rischen Prozesse, die der Qualität der Gesetzestexte schadet. Nicht nur der Legislative wird zu wenig Zeit gegeben, sondern auch den Verbänden bei deren Beteiligung. Das führt dazu, dass bei der Verbän­de­be­tei­ligung für Stellung­nahmen im Extremfall Fristen von wenigen Tagen eingeräumt werden. Bedenkliche Tiefpunkte waren in der laufenden Legisla­tur­periode das Sankti­ons­durch­set­zungs­gesetz II mit einer Stellung­nah­mefrist von eineinhalb Tagen und das Strompreis­brem­se­gesetz, für dessen Kommen­tierung lediglich zwanzig Stunden eingeräumt wurden. Dabei werden Gesetze besser, wenn ausreichend Zeit für die Beteiligung der Praxis und der Beratung im Bundesrat eingeräumt werden. Der DAV bemängelte dies bereits bei Vorgän­ger­re­gie­rungen.

Die Verbän­de­an­hörung ist in der Geschäfts­ordnung der Bundes­mi­nis­terien verankert, um das Einfließen von Experten- und Fachwissen in die Gesetz­gebung zu gewähr­leisten. Damit das funktio­nieren kann, muss ihr der entspre­chende Raum gegeben werden. Sie als reine Formalie abzutun, wird der Sache nicht gerecht und resultiert in unausge­reiften Gesetzen.“

(Deutscher Anwalt­verein [DAV], Statement vom 06. Juli 2023)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.