bildrecht.net

Ausrufung der Republik

Am 09. November 1918 rief Philipp Scheidemann die Republik aus. Wir sollten nicht nur dankbar sein, sondern uns dem würdig verhalten.

Diesem mutigen Schritt verdanken wir, dass wir in einer sozialen Marktwirtschaft und einer Demokratie leben. Es ist erfreulich, dass der Deutsche Bundestag sich heute mit der Unterstützung der Protestbewegung im Iran befasst. Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Dies ist für die Bundesrepublik Deutschland in Art. 1 Abs. 3 Grundgesetz („Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“) festgeschrieben.

Mit Demokratie und Republik ist es nicht vereinbar, sein Gesicht zu bedecken. Menschen haben ein Gesicht. Wer andere ermutigt, sein Gesicht zu bedecken, ist menschenverachtend. Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Medienrecht – Ein Überblick

IT, Medien und Kunst… sind heute allgegenwärtig

Seinerzeit bekamen Sie für 10 Euro einen Tonträger (beispielsweise CD oder Schallplatte) manchmal sogar mit Bildern oder sonstigen Daten darauf (DVD oder Magnetbandformate). Wenn Sie heute ein „Abo“ über bestimmte digitale Dienste haben, dürfen Sie für 10 Euro einen gewissen Zeitraum lang die entsprechende Mediendatenbank eines Anbieters benutzen. Das ist auch rechtlich etwas ganz Anderes.

Recht ist heute (fast) immer auch IT-Recht.

Informationen und Technik gar nicht mal so neu

Haben Sie auch eine schnelle Rauchzeichenmaschine in der Ecke stehen? Sogar in der Hosentasche steckend – Sie sind sehr modern. Naja, so modern auch wieder nicht. Das man Zustände in 1 und 0 ausdrücken kann (binäres System), wissen Menschen, seit dem sie Fernkommunikation mittels Lagerfeuern betreiben. Ihr Taschencomputer macht halt sehr schnell unsichtbare Rauchzeichen.

Soweit zu den technischen Grundlagen von Information und Kommunikation: Eigentlich machen wir nichts Neues – der Umfang und die Geschwindigkeit des Informationsaustausches stellen die neue Herausforderung dar.

Viele IT-Rechtsfälle lassen sich daher nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch lösen, dass übrigens auf die Rechtsprechung im alten Rom zurückgeht.

Die älteste Freiheit: Kunst-, Wissenschafts- und Forschungsfreiheit

Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei – besagt die verfassungsrechtliche Garantie aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG.

Mehr noch: Die Freiheit ist die ursprüngliche Funktionsvoraussetzung für Kunst und Wissenschaft – Evolution. Nur so – frei – kann man Neues schaffen oder entdecken. Ist die Freiheit beeinträchtigt, stockt das Schaffen und Schöpfen.

Noch mehr schöpferische Tätigkeit entfaltet sich, wenn so gewonnene Erkenntnisse für jedermann (frei) verfügbar sind – Informationsfreiheit ist mitnichten ein Selbstzweck.

Urheberrecht

Das Urheberrecht bildet den Kernbereich des ITM-Rechts. Es gewährt den Urhebern von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst den Schutz ihrer persönlich geistigen Schöpfungen.

Für Urheber geht es um den Schutz ihrer Werke und den Erhalt des Gewinns aus der Veröffentlichung derselben. Auch Verwerter müssen von der Vermarktung der Werke Leben können.

Urheberrecht betrifft uns heute alle – und in viel größerem Umfang als früher. Sie haben ein Interesse an Kunst und Kultur. Es geht um die Schönheit der Welt. Die Bedeutung von Urheberrecht hat mit digitalen Angeboten stark zugenommen: Über eine CD haben Sie noch einen Kaufvertrag abgeschlossen. Digitalen Produkte liegen oft urheberrechtliche Verträge zu Grunde.

E-Commerce und digitale Abonnements

Fernabsatzverträge waren einmal eine Besonderheit. Versandhandel etablierte sich zunehmend seitdem es entsprechende Kataloge gibt. Der Kauf im Internet (E-Commerce, B2B, B2C, …) ist heute keine Besonderheit mehr.

Bei E-Commerce (also Kaufverträgen im Internet) kommt es eben nicht nur auf Kaufrecht, sondern ganz regelmäßig auch auf Datenschutzrecht, Informationsrecht, Urheberrecht und Markenrecht an.

Fälle mit IT-Bezug sind daher komplexer als „alte“ Rechtsfälle.

Telekommunikationsrecht

Die Telekommunikationsgesetze sind zunächst öffentlich-rechtliche Gesetze. Ursprünglich geht es um Management und Regulierung des Telekommunikationsmarktes. Die Normen über Telekommunikationsverträge betreffen aber auch Sie als Kunden, beispielsweise über Kündigungsfristen für Mobilfunkverträge. Um Informationen nutzen zu können, brauchen Sie heute Telekommunikationsverträge – und hier schließt sich der Kreis (für heute).

Keine Netzsperren wegen Urheberrechtsverletzungen

Mehrere Verlage wollten ein Telekommunikationsunternehmen zwingen, landesweit den Zugang zu Internetseiten mit der Behauptung von Urheberrechtsverletzungen zu sperren.

Das hat der Bundesgerichtshof zu Recht nicht zugelassen (Urteil vom 13. Oktober 2022 – I ZR 111/21). Denn Urheberrechtsverletzungen kann man auch gegenüber dem Störer selbst vor einem deutschen Zivilgericht geltend machen.

Eine kurze Einschätzung

Netzsperren sind ein scharfes Schwert. Wenn andere Länder sie einrichten, wird dies zu Recht in unseren Medien angeklagt. Regelmäßig sind Meinungs-, Wissenschafts- und Kunstfreiheit betroffen. Ohne diese Freiheiten klappt es nicht mit der Demokratie.

Verlage profitieren von diesen Freiheiten. Sie machen deren Arbeit erst möglich. Man sollte bereits nicht am Ast sägen, auf dem man sitzt.

Bilder ohne Namen

Ein Fotograf soll von den Kunden einer Bildverwertungsseite nicht nachträglich die Nennung des Namens an seinen Bildern verlangen dürfen – meint das Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

Der Berufsfotograf hatte sich beim Upload seiner Bilder auf eine Vertragsbestimmung eingelassen, nach der nur die Seite „als auch jedes herunterladende Mitglied, welches ein Werk […] bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung (…) [habe], das hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen.“ Mit der Klage verlangt er von einer Kundin der Verwertungsseite die Nennung seines Namens an dem betreffenden Bild.

Diese hat das Oberlandesgericht abgewiesen. „Ein Urheber entscheide sich willentlich für die Nutzung von Microstock-Portalen. Damit vermeide er eigenen zeitlichen und finanziellen Vermarktungsaufwand. Die fehlende Verpflichtung zur Urheberbenennung habe für die Attraktivität des Angebots von Fotolia für die Kunden und damit für die große Verbreitung erhebliche Bedeutung. Dies räume auch der Kläger ein. „Der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung ermöglicht mithin (auch) die große Reichweite des Microstock-Portals und die große Anzahl von Unterlizenzen, was dem Urheber zugutekommt und so die geringe Lizenzgebühr für die Unterlizenzen kompensiert“, vertieft das OLG.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der klärungsbedürftigen Frage, ob ein Urheber in AGBs für jede Verwendungsart gegenüber einem Microstock-Portal wirksam auf sein Urheberbenennungsrechts verzichten kann, die Revision zum BGH zugelassen.“ (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29. September 2022 / Pressemitteilung vom gleichen Tage)

Verkürzte Einschätzung

Auf der Vorderseite eines Landeswappens würde die Nennung des Zeichners schon überraschen (Zum Urhebernennungsanspruch hinsichtlich des Hessen-Löwens: OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. August 2014 – 11 W 5/14). Nicht nur bei Fotos im Internet ist die Namensangabe des Künstlers hingegen auch praktisch üblich.

Auf welche Fragen es rechtlich eigentlich ankommt, verrate ich Ihnen an dieser Stelle aber nicht.

Recht kontinuierlich

Manche Dinge ändern sich nicht: „Das Trinkgeld ist also in rechtlicher Beziehung eine völlig freie Gabe.“

Wer auch Jura studiert hat, kennt diesen Satz wahrscheinlich aus dem ersten Semester, als die Abgrezung zwischen Geschäft und Gefälligkeit erklärt wurde. Diejenigen, die sich mit Vertragsrecht und seiner Dogmatik beschäftigt haben, kennen den Satz vielleicht aus Jherings Aufsatz „Das Trinkgeld“ von 1882. Einge Gründe und viele Kritikpunkte aus der Schrift sind spätestens seit der Einführung eines Mindestlohns überholt. Die rechtsdogmatische Einordnung ist zeitlos.

Die Wertung gilt auch für das Recht der Grundsicherung. Daran erinnert das Bundessozialgericht mit Entscheidung vom 13. Juli 2022 (siehe auch Pressemitteilung 29/2022 vom 13. Juli 2022): „Das Trinkgeld ist vielmehr eine Zuwendung, die Dritte erbringen, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht.“

Der Aufsatz und die Entscheidung bleiben lesenswert – nicht so sehr für die Rechtsfrage im Einzelfall, nicht so sehr für die Wiederholung der Grundlagen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre; sonder vielmehr für das Verhältnis von Zivilrecht und Sozialrecht und ein kleines Stück Rechtsgeschichte, das immer wieder auftaucht. So selbstverständlich manches sein mag, so wenig rechtlich fassbar kann es sein – was kein Grund wäre, nicht ein Urteil, einen Aufsatz oder einen Beitrag darüber zu schreiben.

Nur Nachmachen reicht nicht

Der Zweck des Markenrechts und auch des Patentrechts ist es, Innovation zu fördern, indem es innovative Produkte schützt. Nur Nachmachen reicht nicht.

Mit Urteil vom 12. August 2022 hat das Landgericht Düsseldorf dem beklagten Spielzeughändler den Vertrieb eines Produkts mit bestimmten Spielfiguren wegen Verwechselungsgefahr mit dem Original untersagt.

„Die Klägerin ist Teil der LEGO-Unternehmensgruppe und Inhaberin der europäischen Markenrechte auf die weltbekannten LEGO-Minifiguren. Die Beklagte vertreibt über ein von ihr unterhaltenes Ladenlokal und im Versandhandel Spielzeug aus Klemmbausteinen, die mit Legosteinen kompatibel sind und von verschiedenen Herstellern stammen. Außerdem ist sie Großimporteurin von Spielzeugwaren eines chinesischen Herstellers.

Die Klägerin kaufte testweise bei der Beklagten drei Spielzeugsets, in denen jeweils Minifiguren enthalten waren. Nach Auffassung verletze dies ihre Markenrechte, da die Figuren ihren LEGO-Minifiguren zum Verwechseln ähnlich seien.

Sie erhob daher Klage zum Landgericht Düsseldorf und verlangte, dass die Beklagte es unterlässt, entsprechende Minifiguren in Deutschland zu verkaufen, einzuführen oder zu bewerben. Ferner verlangte sie, dass die Beklagte alle in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Minifiguren zerstört und ihr die Namen der Hersteller, Lieferanten und Abnehmer der Minifiguren sowie die Preise nennt, die für die betreffenden Waren verlangt und erzielt wurden. Schließlich beantragte sie noch, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr jedweden Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Markenverletzungen entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Das Landgericht gab der Klage vollumfänglich statt. Nach der hier maßgeblichen europäischen Verordnung über die Unionsmarke könne die Klägerin von der Beklagten zu Recht Unterlassung verlangen. Es sei offenkundig, dass die LEGO-Minifigur eine bekannte Marke darstelle; sie sei seit Jahren auf dem deutschen und europäischen Spielzeugmarkt präsent, trete praktisch jedermann in Alltag, Werbung und Kunst gegenüber, werde vielfältig beworben und habe insgesamt eine große Bekanntheit erreicht. Die von der Beklagten vertriebenen Figuren seien der Marke der Klägerin aus der hier maßgeblichen Perspektive des Gesamteindrucks eines durchschnittlichen Verbrauchers hochgradig ähnlich. Prägend sei bei den von der Klägerin beanstandeten Figuren das kantige und gedrungene, von geometrischen Formen dominierte Erscheinungsbild mit dem im Kontrast zum Körper rundlichen und großen Kopf. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Die Beklagte habe die Marke ohne Zustimmung der Klägerin für ihre geschäftlichen Zwecke ausgenutzt.“

(aus: Landgericht Düsseldorf, Pressemitteilung vom 12. August 2022)

In diesem Sinne

Lassen Sie sich was Neues einfallen! Wir alle profitieren von technischen und gestalterischen Neuerungen. Wir alle profitieren auch von Wettbewerb. Auch großen Marken kann man Konkurrenz machen, soweit man sie nicht bloß nachmacht. Ob Verwechselungsgefahr vorliegt, ist eine Einzelfallentscheidung.

Würde man von dieser Entscheidung berichten, wenn es nicht um eine weltbekannte Marke ginge? Sie ist jedenfalls ein Anlass von den Selbstverständlichkeiten des Gewerblichen Rechtsschutzes (also des Urheber-, Marken- und Patentrechts) zu berichten. Soweit zur Wirkung von Marken.

Auf Zuruf keine Werbung

Das Amtsgericht München stellt klar, dass man sich nicht selbst im Kundenverwaltungssystem eines Unternehmens aus dem Werbeverteiler austragen muss.

Der Kläger teilte dem beklagten Unternehmen per E-Mail mit, dass er keine weitere Werbung wünsche. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, dass er sich selbst aus dem Werbeverteiler austragen könne.

Das Amtsgericht entsprach dem Unterlassungsbegehren des Klägers und führte dazu in der Begründung aus:

„Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stellt einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Bereich privater Lebensgestaltung und gibt dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1995 – VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; BVerfGE 35, 202, 220; 44, 197, 203).

Hieraus folgt ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen – als solche nicht ehrverletzenden – Kontaktaufnahme kann aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 – VI ZR 134/15 –, Rn. 11 – 12, juris).“

(Amtsgericht München, Pressemitteilung 31 vom 19. August 2022)

Kurze rechtliche Einordnung

Es zu respektieren, wenn Sie jemandem mitteilen, dass er sie in Ruhe lassen möge. Die Bergründung ist zutreffend.

Digitalisierung ist mehr als nur Outsourcing – Wo ist der Service?

In ökonomischer Hinsicht stellt man sich als Kunde gelegentlich die Frage, wieso man einem Unternehmen den Kundendatensatz selber pflegen soll. Gute Digitalisierung macht Angebote, die man gerne wahrnimmt. Das rechtlich gebotene fällt hier im Ergebnis zusammen mit sinnvoller Ökonomie.

Dortmund.de

In einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit zwischen einem lokalen Verleger und der Stadt entscheidet das Gericht aufgrund wertender Gesamtbetrachtung der kommunalen Publikation, vorliegend einer Internetseite mit dem Namen der Stadt als Domain. Dabei darf das Gesamtangebot der Website nicht durch das Gebot der Staatsferne verletzende Beiträge geprägt sein. Dies war bei der streitgegenständlichen Seite Dortmund.de nicht der Fall – so der Bundesgerichtshof.

„Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Internetangebot einer Kommune in Form eines Stadtportals, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Geschehen in der Stadt abrufbar sind, das Gebot der „Staatsferne der Presse“ nicht verletzt, wenn der Gesamtcharakter des Internetangebots nicht geeignet ist, die Institutsgarantie der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein Verlag, der neben Tageszeitungen in Form von Printmedien auch digitale Medien anbietet, darunter ein Nachrichtenportal. Die beklagte Stadt betreibt ein Internetportal, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch redaktionelle Inhalte veröffentlicht werden. Nach der über das Internetportal abrufbaren Eigenwerbung soll es umfassend und aktuell über das Geschehen in der Stadt informieren.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie ist der Auffassung, das Internetportal überschreite die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit und sei deshalb nach § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse wettbewerbswidrig.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach einer Gesamtschau der Beiträge in dem Internetportal überschritten die vorgehaltenen Inhalte die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil sich bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht feststellen lasse, dass der Gesamtcharakter des Portals geeignet sei, die Institutsgarantie der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Das Internetportal der beklagten Stadt verstößt in der von der Klägerin beanstandeten Fassung nicht gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse.

Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse sind bei gemeindlichen Publikationen unter Berücksichtigung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und der daraus folgenden gemeindlichen Kompetenzen einerseits sowie der Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits zu bestimmen.

Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, insbesondere in der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Die darin liegende Ermächtigung zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt den Kommunen allerdings nicht jegliche pressemäßige Äußerung mit Bezug zur örtlichen Gemeinschaft. Kommunale Pressearbeit findet ihre Grenze in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiert. Diese ist unabhängig davon einschlägig, dass die Klägerin nicht ein Druckerzeugnis der Beklagten, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstandet. Das Gebot der Staatsferne der Presse schützt auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann.

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen sind deren Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Dabei ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung kann deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägen.

Die vom Berufungsgericht nach diesen Maßstäben vorgenommene Beurteilung des Internetportals der beklagten Stadt hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet.“

(Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 108/2022 vom 14. Juli 2022)

Kurze Einordnung

Städte und Gemeinden können ihr Internetangebot auch modern aufmachen. Das Behördenangebot mit dem Namen der Stadt oder des Kreises (als Domain) muss also nicht bloß amtliche Mitteilungen enthalten. Eine Kommune darf über ihre Angebote auch ansprechend informieren und sich durchaus selbst bewerben. Sie sollte sich auf die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG („Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“) konzentrieren.

Getarnte Werbung

Fließen in das Gesamtbewertungsergebnis für Produkte, die auf eine Verkaufsplattform angeboten werden, auch Rezensionen ein, für die an den Rezensenten ein – wenn auch geringes – Entgelt gezahlt wird, liegt unlautere getarnte Werbung vor, sofern die Berücksichtigung dieser bezahlten Rezensionen nicht kenntlich gemacht wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung die vom Landgericht ausgeurteilte Unterlassungsverpflichtung bestätigt.

Die Klägerin bietet im Internet die entgeltliche Vermittlung von Kundenrezensionen an. Die Kunden der Klägerin sind ausschließlich Händler auf Online-Verkaufsplattformen. Die Beklagte betreibt die Verkaufsplattform amazon.de. Die Produkte werden dort mit einem Gesamtsterne-Bewertungssystem bewertet. Die Beklagte vermittelt zudem ihren Verkaufspartnern gegen Entgelt Kundenrezensionen im Rahmen des sog. Early Reviewer Programms (i.F.: ERP). Dabei handelt es sich um Bewertungen ausländischer Rezensenten gegen Entgelt oder Gutscheine für Produkte, die zuvor auf dem US-, UK- oder Japan-Marketplace gekauft wurden. Diese Bewertungen werden auch deutschen Käufern angezeigt und fließen in das Gesamtbewertungsergebnis ein.

Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung von ERP-Rezensionen, wenn diese Teil des Gesamtbewertungsergebnisses werden und nicht darauf hingewiesen wird, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind.

Die gegen die vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Es liege eine unlautere getarnte Werbung vor, bestätigte das OLG. ERP-Rezensionen zu veröffentlichen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind, sei unlauter.

Die Berücksichtigung dieser ERP-Rezensionen – und damit auch nicht ihr Anteil – würde von der Beklagten nicht kenntlich gemacht und ergebe sich auch nicht aus den Umständen. Ob Internetnutzer damit rechneten, dass in ein Gesamtbewertungsergebnis auch immer Rezensionen einfließen, die nicht sachlich begründet sein, könne offenbleiben. Dies dürfe jedenfalls „kein Freibrief dafür sein … , beeinflusste Rezensionen zu verwenden“, stellte das OLG klar.

Die Berücksichtigung von ERP-Rezensionen habe hier auch geschäftliche Relevanz. Die Rezensenten des ERP erhielten eine kleine Belohnung für die Abfassung der Rezension. „Daraus folgt zwangsläufig, dass sie bei Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen sind“, betont das OLG. Es bestehe vielmehr die konkrete Gefahr, dass ein nicht geringer Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich veranlasst sehe, ein Produkt positiver zu bewerten als dies tatsächlich seiner Meinung entspreche, um weiterhin an dem Programm teilnehmen zu dürfen.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.“

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung Nr. 47/2022 / Volltext: Entscheidung vom 09.06.2022, Az. 6 U 232/21

Recht zivil

Darf man das zeigen? Darf man das sagen? Streitigkeiten über die Reichweite der Meinungs- und Kunstfreiheit gehören vor die Zivilgerichte.

Es wird über ein Kunstwerk diskutiert. Es wurde bereits entfernt. Es sei abscheulich. Ich würde gerne mitdiskutieren. Aber ich habe es noch nicht gesehen.

Wer von einer (Vorab-)Kontrolle von Kunst und Meinung träumt, dem sei gesagt: Der Totalitarismus wurde 1945 in Westdeutschland und 1989 auch in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen abgeschafft. Das Grundgesetz ist eindeutig: Eine Zensur findet nicht statt – Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG.

Es ist ausschließlich Sache der Zivilgerichte, auf eine Beanstandung eines (persönlich) Betroffenen, eine Veröffentlichung zu verbieten. Die Meinung ist frei. Die Kunst ist frei. Eine Grenze bildet Schmähkritik (insbesondere Anprangerung und Beleidigung).

Es ist Aufgabe der Zivilgesellschaft zu verhandeln, ob etwas gut oder böse ist. Diese Frage sollte nicht durch eine Diskussion verstellt werden, ob man die Diskussion überhaupt führen darf.

Meine Meinung: Ich mag keine Extremisten, egal ob sie sich Faschist, Kommunist oder Fundamentalist nennen. Man kann diese Leute nicht verbieten. Man kann ihnen aber sagen, dass man sie nicht gut findet. Das wäre hiermit getan.