Politiker riefen nach neuen Straftatbeständen. Wider dem Aktionismus!
Kunstwerke wurden beschädigt und teilweise gar zerstört. Tomatensauce kriegt man vielleicht noch von Acrylgemälden ab. Ein mit Temperafarben gemaltes Gemälde zu restaurieren dürfte schon schwieriger sein. Kartoffelbrei unter dem Vorsprung eines Reliefs aus Ölfarbe hervorzuholen – das wäre jedenfalls anspruchsvolle Restaurationsarbeit, die ziemlich lange dauern könnte. Egal, oder wie wir (Zivil-)Juristen sagen: Unerheblich. Sowohl Beschädigung oder Zerstörung eine fremde Sache sind als Sachbeschädigung strafbar. Nur weil van Gogh gerne mit Öl gemalt hat, ist nicht wirklich ersichtlich, welcher (politische Zweck-)Zusammenhang mit dem Klima von heute besteht. Ein (straf-)rechtlicher Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund ist nicht ersichtlich. Wozu also Strafbares noch strafbarer machen? Wirklich abschreckend hoch sind die zivilen Schadensersatzforderungen für fachgerechte Restauration.
Verharmlosen von Kriegsverbrechen ist sicher nicht nett. Aber handelt es sich um strafwürdiges Unrecht (so der Fachterminus der Strafjuristen)? Muss man damit einen Polizisten, einen Staatsanwalt und einen Amtsrichter befassen? Oder reicht es einfach zu sagen „Halt dat Schnütchen.“? Gammelig wirken Strafrechtsverschärfungen, wenn ihnen keine breite Diskussion unter den Einwohnern vorausgegangen ist. Es jedenfalls kein feiner Stil, wenn man heftige Strafrechtsverschärfungen mal so by the way in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren einschiebt. Ich persönlich brauche keine Straftatbestände, um Mitmenschen zu entlasten, die Kriegslautsprechern nicht die Meinung zu sagen.
Es ist tragisch, wenn einem verletzten Menschen nicht schneller geholfen werden kann, weil das Rettungsfahrzeug im Stau steht. Noch tragischer wäre es, wenn in diesem Zusammenhang ein Mensch verstirbt. Aber: Fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung sind schon strafbar. Das sind auch nicht so neue Tatbestände, das Richter damit nicht umgehen könnten. Man wird klären, wer, wo und wann welchen Fehler gemacht hat, welche Folgen vorhersehbar waren und ob ein Zusammenhang zwischen Fehler und Folgen für die Betroffenen bestand. Rechtsstaat wird in der Umgangssprache oft missverstanden: Beim Rechtsstaat geht es nicht ums Strafen, sondern um die sorgfältige Prüfung, ob man einen gerechten und nachweisbaren Vorwurf macht.
Das Tragen von Masken ist übrigens eigentlich strafbar. Dies gilt nicht nur auf Versammlungen. In Betracht kommen je nach Einzelfall auch Bedrohungs- und Nötigungsdelikte. Auch die begangenen Körperverletzungs- und Beleidigungsdelikte sind bereits strafbar. Wo bleiben die Anklageschriften gegen die stolzen, gewaltbereiten Maskierten, die durch unsere Züge marschierten? Warum erklären unsere Lehrer unseren Jugendlichen nicht, was es für einen Menschen bedeutet, von einem Maskierten betroffen zu sein?
Den aktuellen Vorschlägen zur Strafrechtsverschäfung kann man sämtlich attestieren: Wohl nur zur Werbung potientieller Wähler sinnvoll – je nach dem, von wem man so gewählt werden will. Recht überflüssig. Das Strafgesetzbuch ist von 1871 – es ist übrigens 2022.