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Selbstverständlich persönlich

Das anwaltliche Beratungsgespräch wird persönlich erbracht

Dieser Qualitätsstandard wird nicht unterschritten. Das persönliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen. Die Mannigfaltigkeit menschlicher Kommunikation kann nicht durch Fernkommunikationsmittel ersetzt werden.

Videotelefonie ist schon lange möglich. Bereits auf einer CeBit um das Jahr 2000 herum haben wir uns Videotelefone angesehen. Technisch war das durch die seinerzeit gestiegenen Bandbreiten der Internetverbindungen gerade so umsetzbar. Wirklich nett.

Aber mal ehrlich: Ich mache mir hier nicht die Mühe, in Worte zu fassen, was bei Videotelefonie alles fehlt. Einfacher gesagt: Es sind nur Sprache und Bild vorhanden. Ziemlich dünne gegenüber den vollständigen Möglichkeiten der menschlichen Kommunikation.

In diesem Sinne: Ich freue mich auf den nächsten Termin mit Ihnen.

Recht einfach: Verhältnismäßigkeit.

Positives Beispiel Schweden: Leben retten ohne Menschenrechtsverletzungen

Die Verhältnismäßigkeit ist der praktisch wichtigste Punkt der Prüfung eines Gesetzes auf seine Verfassungsmäßigkeit. Er ist damit der bedeutendste aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Grundsatz.

I. Grundsatz

Sozial und liberal: So milde wie möglich.

Ein staatlicher Eingriff ist rechtswidrig, wenn sein Zweck durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Selbst wenn dies gegeben ist, kann ein Eingriff verfassungswidrig sein, wenn der Eingriff schwerer wiegt als der angestrebte Zweck.

II. Die Prüfungspunkte

Die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt unter 4 Gesichtspunkten:

1. Der legitime Zweck

Der Zweck des angestrebten Ziels des Gesetzes muß legitim sein. Beispielsweise darf der Gesetzgeber Rechtsgüter und Intesssen von Verfassungsrang schützen.

2. Die Geeignetheit des Mittels

Das Mittel der Wahl muss zur Zweckerreichung geeignet sein. Es geht um die tatsächliche Frage, ob ein gewähltes Mittel naturwissenschaftlich kausal und nachweislich den Zweck erreicht.

3. Die Erforderlichkeit

Nicht erforderlich ist ein Mittel, wenn ihm gegenüber ein milderes Mittel zur Verfügung steht.

Beispielsweise sind Empfehlungen milder als Pflichten. Fundierte Empfehlungen stehen in Ihrer Wirksamkeit Pflichten nicht nach.

4. Angemessenheit / Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

Die Nachteile eines Eingriffs dürfen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Jedenfalls darf der Eingriff nicht schwerer wiegen als sein Zweck.

III. Beispiele aus der Praxis

Anhand der Rechtsprechnung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich ein guter Eindruck der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewinnen. Am besten sind hierfür die Entscheidungen vor 2020 geeignet.

Ein positives Beispiel für eine verhältnismäßige Eingriffsintensität ist die Gesundheitspolitik des Kabinetts Stefan Löfven unter Beratung durch Anders Tegnell (Parlamenarische Demokratie mit König Schweden). Der erklärte Zweck, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wurde durch Empfehlungen (landesweit: sich die Hände zu waschen, im Krankheitsfall zu Hause zu bleiben und sich impfen zu lassen) erreicht.

Die vorbenannten drei Regeln aus Schweden sind vorbildlich. Sie stellen sicher, dass Bürger nicht über die Erforderlichkeit hinaus und auch nicht über die persönliche Leistungsfähigkeit hinaus in Anspruch genommen werden.

  1. Empfehlungen sind demokratisch. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Eine fundierte Entscheidung setzt Informiertheit voraus. Diese Grundannahme des mündigen Bürgers trägt die Demokratien (als soziale und liberale Rechtsstaaten) seit der Aufklärung. Je fundierter eine Regelung ist, desto besser wird sie befolgt. Die schwedische Informationspolitik hat die Bürger überzeugt.
  2. Die Empfehlungen sind fundiert. Unter dem Kabniett Löfven waren die Empfehlungen von Folkhalsomyndigheten (Gesundheits- und Krankenkassenamt) und Regeringskansliet (Schwedische Regierung) – also sich Impfen zu lassen, sich zu gegebenem Anlass die Hände zu waschen und im Krankheitsfall nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben – stets nachvollziehbar begründet. Die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Einschätzungen entsprachen dem wissenschaftlichen Gebot zur Sorgfalt.
  3. Die in Schweden getroffenen Empfehlungen haben dem dem Rechtsstaatsprinzip innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundatz genügt. Mehr war nicht nötig. Im Herbst und Winter 2021/2022 gab es keine erhöhte Sterblichkeit. Zu keinem Zeitpunkt wurde das Gesundheitssystem überlastet.

Nur Schweden hat sich damit in den vergangenen 2 1/2 Jahren als vorbildlich erwiesen – wirksamer Lebensschutz ohne Menschenrechtsverletzungen.

Recht einfach: Demokratie

Die gerechte Ordnung ist die Demokratie. Dieses System geht als Grundannahme vom mündigen Bürger aus. Jeder Mensch ist vernunftbegabt und ist daher mündig. Dieses Wissen wurde in der Epoche der Aufklärung wiederentdeckt und trägt die funktionierenden Demokratien.

Mit der französischen Revolution setzte sich die Teilhabe aller am Staatswesen durch. Hatte vorher noch der König als Oberbefehlshaber der gewaltbereiten Kräfte das staatliche Gewaltmonopol und als Eigentümer der Ländereien die wirtschaftliche Machtstellung inne, ging sie nun auf die Bürger über. Sie bildeten ein Parlament. Die Kräfte der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit saßen links, die konservativen und reaktionären saßen rechts.

Nach dem Leitbild der Demokratie ist jeder Bürger mündig. Dies ist gerecht. Daher ist jeder Volljährige wahlberechtigt. Die meisten Gesetze werden auf den Durchschnittsbürger zugeschnitten. Privilegien bedürfen der Rechtfertigung. Minderheiten verdienen Toleranz.

Der ideale Durchschnittsbürger verfügt nicht nur Verstand, sondern auch Wissen. Daher ist die freie Verfügbarkeit allen Wissens tragend für die Willensbildung der Bürger bei den Wahlen. Jeder Bürger sollte über möglichst viele Bücher – so viele er mag – verfügen. Bibliotheken müssen frei und kostenlos zugänglich sein.

Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Wissenschaft ist grenzenlos. Nur so wird neues Wissen hervorgebracht. Neue Erkenntnisse setzen neben Methoden- und Inhaltsfreiheit auch die nötigen finanziellen Mittel für die sorgfältige Arbeit der Wissenschaftler – so der allgemeine Selbstanspruch der Akademiker – voraus. Der Wissenschaftler benötigt zunächst alle Forschungsmittel. Je umfangreicher diese Mittel verfügbar sind und je wohler der Wissenschaftler sich fühlt, desto besser werden die Ergebnisse.

So gewonnenes Wissen wird den Bürgern durch Presse, Rundfunk und Fernsehen vermittelt. Im Internet treten teilweise Mischformen dieser Medien auf. Der Prozess der Wissensvermittlung funktioniert im ersten Schritt durch sorgfältige Arbeit der Redakteure. Für Fachthemen benötigt man teilweise Fachredakteure. Bei dieser Aufbereitung werden die präsentierten Fakten auch kritisch auf ihre Schlüssigkeit überprüft. Das so ermittelte Wissen präsentiert der Redakteur sachgerecht gewichtet. Fachwissen und Fachsprachen werden für den Durchschnittsmenschen übersetzt.

Jeder Bürger benötigt Medienkompetenz. So kann er Medienprodukte nach seinem Anspruch auswählen. Je besser das Wissen des Bürgers ist, je freier und respektvoller die Kultur ist, desto besser können Fehler in der Argumentation des Autors erkannt werden.

Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit sind verbürgt. Im Prozess der Meinungsbildung wird Wissen zunächst in gesellschaftlichen Diskussionen verhandelt und es bilden sich Mehrheiten.

Parteien bieten weitere Räume für Diskussionen.

Jeder kann frei wählen und gewählt werden. Die Stimme eines Jeden hat effektiv das gleiche Gewicht.

Im Parlament wird im Wege mehrerer sorgfältiger und offener Lesungen und Verhandlung ein Gesetz ausgehandelt. Die Diskussion dauert so lange, wie es erforderlich ist.

Jedermann darf sich jederzeit frei versammeln. Insbesondere Minderheiten können sich Gehör verschaffen, indem sie sich öffentlich in Gruppen zeigen.

Fair Play – Die demokratische Kultur setzt jederzeit Respekt und Freundlichkeit voraus. Um dies zu gewährleisten, sind einige Verhaltensformen gegenüber (Mit-)Bürgern verboten:

Physische Gewalt und Drohung (psychische Gewalt). Schon in Gesten kann verbotene Gewalt liegen. Wer bewusst versucht, anderen Angst zu bereiten, verlässt den Boden der Demokratie.

Verschleierung. Menschen haben ein Gesicht. Man steht zu seiner Meinung.

Tätlichkeiten und Beleidigung.

Hinterhältigkeit und Provokation.

Der demokratische Staat gewährleistet Freiheit von entsprechenden Angriffen jederzeit.

Positiv ausgedrückt kann man sagen: Das gerechte Mittel der Demokraten ist zuerst das Argument. Im besten Falle ist es nur das Argument. Insbesondere Minderheiten können dem Argument durch öffentliche Versammlung Diskussionsraum und räumliche Präsenz weiteres Gewicht einräumen.

Der demokratische Staat gewährleistet jederzeit die freie Rede.

Die Gesetze bilden die Grundlage des Rechtsstaats. Verfassungsverstöße finden nicht statt. Grund- und Menschenrechte werden nicht verletzt. Der Staat hält sich jederzeit zu Gunsten des Bürgers an die Gesetze. Bei Handeln zu Lasten des Bürgers bleibt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jederzeit gewahrt.

Insbesondere bei alltäglichen, unbewussten und geringfügigen Verstößen der Bürger ist der Staat tolerant. Dies ist eine der praktischen Ausprägungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Fair Trial. Jeder Richter ist unabhängig. Jeder hat das Recht auf einen unabhängigen Rechtsanwalt.

Für Parteien wie Bürger aller Einstellungen sind diese Mindeststandards selbstverständlich.

Jeder kann tun und lassen, was er will – solange er nicht (unmittelbar) die Rechte anderer beeinträchtigt.

Grundrechte sind nicht verhandelbar.

Weitere Einzelheiten finden Sie im Grundgesetz.

Liberté, Égalité, Fraternité!

Kostenlose Rücksendung von Waren

Der Spiegel berichtet „Kostenlose Retouren bei Mode gelten als Auslaufmodell“ – ein Diskussionsbeitrag wider der Erosion des Widerrufsrechts.

I. Das Widerrufsrecht im Fernabsatz

Im Fernabsatz können Verbraucher Kaufverträge widerrufen. Der Vertrag wird unwirksam.

Nach der ursprünglichen Konzeption des Widerrufsrechts folgt daraus die Möglichkeit der kostenlosen Rücksendung. Dies ist rechtsdogmatisch konsequent. Das Widerrufsrecht im E-Commerce (Versandhandel) dient der „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren“ wie sie im Ladengeschäft möglich gewesen wäre.

II. Rechtsänderungen zu Lasten der Verbraucher und des lokalen Handels

Das Widerrufsrecht wurde seit seiner Einführung schon mehrfach zu Lasten der Verbraucher und des lokalen Handels abgeändert.

Neu eingeführt wurde schon vor einigen Jahren die Regel: Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat.

Diese Regel weicht zu Lasten von Kunden und Wettbewerbern des lokalen Handels vom hohen Rechtsgrundsatz „Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern.“ ab.

Auch hier gilt: Ausnahmeregelungen sollten die Ausnahme bleiben. Ist ein entsprechendes Privileg des Online-Handels gerechtfertigt?

III. Faire Rücknahmepolitik

Ursprünglich war das Widerrufsrecht im Grundsatz mit der kostenlosen Rücksendung für die Verbraucher versehen. Dies war rechtsdogmatisch konsequent unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (im Ladengeschäft kann man [im Sinne von Kunde] sich Waren ansehen, so lange man möchte) und des Wettbewerbsrechts. Der Reichweitenvorteil des Absatzwegs gegenüber den anderen Händlern ist eine Verpflichtung im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz.

IV. Ausblick

Für die faire Verteilung der Rücksendekosten kommt zunächst der Versandhändler in Betracht.

Es wäre ökonomisch wie ökologisch sinnvoll, Versandwege zu vermeiden. Es kommt zu keiner Rücksendung, wenn das Produkt den Erwartungen des Kunden entspricht. Der Händler muss das Produkt sorgfältig beschreiben. Sodann muss der Kunde Beschreibung und Produkt sorgfältig würdigen. Bei Anprobeware ist auch im Ladengeschäft typisch, dass sie schon bei bloßem Nicht-Gefallen nicht weiter für den Abschuss des Kaufvertrags in Betracht kommt.

Der beste Anreiz gegen Rücksendungen sind wertige Produkte. Dieser Anreiz sollte nicht durch privilegierende Regeln aus dem Markt genommen werden.

Garantie garantiert

Herstellergarantien als zwingender Inhalt des Angebots des Unternehmers?

Die Entscheidung ist keine große Überraschung, konturiert aber einige Rechtsfragen: Beim Verkauf von Waren über Internethandelsplattformen kann der Unternehmer die Verbraucher über eine Herstellergarantie informieren.

(weiterführend: Gerichtshof der Europäischen Union, PRESSEMITTEILUNG Nr. 75/22, Luxemburg, den 5. Mai 2022)

Wenn Sie wissen wollen, ob und wann Sie als gewerblicher Verkäufer von Waren im Internet über eine Garantie informieren können, sollen oder müssen – vereinbaren Sie einen Termin.

Uploadfilter in Europa

Die europäische Regelung über Uploadfilter verletzt nicht die Meinungsfreiheit. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, sicherzustellen, dass Uploadfilter nur im Rahmen des Zweckes, ein Schutzinstrument gegen Urheberrechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, eingesetzt werden.

„Nach Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt gilt der Grundsatz, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten (sogenanntes „Web 2.0“) unmittelbar haften, wenn Schutzgegenstände (Werke usw.) von den Nutzern ihrer Dienste rechtswidrig hochgeladen werden. Die betroffenen Diensteanbieter können sich jedoch von dieser Haftung befreien. Hierfür müssen sie insbesondere gemäß Art. 172 die von den Nutzern hochgeladenen Inhalte aktiv überwachen, um das Hochladen von Schutzgegenständen zu verhindern, die die Rechteinhaber nicht über diese Dienste zugänglich machen wollen.

Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, um in den Genuss der in Art. 17 der Richtlinie 2019/790 vorgesehenen Haftungsbefreiung zu kommen, de facto verpflichtet sind, eine vorherige Kontrolle der Inhalte durchzuführen, die Nutzer auf ihre Plattformen hochladen möchten, sofern sie von den Rechteinhabern die insoweit einschlägigen und notwendigen Informationen erhalten haben. Im Übrigen sind diese Diensteanbieter, um eine solche vorherige Kontrolle durchführen zu können, in Abhängigkeit von der Zahl der hochgeladenen Dateien und der Art des fraglichen Schutzgegenstands gezwungen, auf Instrumente zur automatischen Erkennung und Filterung zurückzugreifen. Eine solche
vorherige Kontrolle und eine solche vorherige Filterung sind jedoch dazu angetan, ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Inhalten im Internet einzuschränken. Unter diesen Umständen bewirkt die für die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten eingeführte spezielle Haftungsregelung eine Einschränkung der Ausübung des Rechts der Nutzer der entsprechenden Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.

Sodann führt der Gerichtshof zur Rechtfertigung einer solchen Einschränkung und insbesondere zu ihrer Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das mit Art. 17 der Richtlinie 2019/790 verfolgte legitime Ziel des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums erstens aus, dass der Unionsgesetzgeber, um der Gefahr vorzubeugen, die u. a. die Nutzung von Instrumenten zur automatischen Erkennung und Filterung für das Recht der Nutzer von Diensten für das Teilen von Online-Inhalten auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit darstellt, eine klare und präzise Grenze für die Maßnahmen aufgestellt hat, die in Umsetzung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Verpflichtungen getroffen oder verlangt werden können, indem er insbesondere Maßnahmen ausgeschlossen hat, die rechtmäßige Inhalte beim Hochladen filtern oder sperren. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass ein Filtersystem, bei dem die Gefahr bestünde, dass es nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen Inhalt und einem zulässigen Inhalt unterscheidet, so dass sein Einsatz zur Sperrung von Kommunikationen mit zulässigem Inhalt führen könnte, mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit unvereinbar wäre und das angemessene Gleichgewicht zwischen ihm und dem Recht des geistigen Eigentums nicht beachten würde. Zweitens sieht Art. 17 der Richtlinie 2019/790 vor, dass es den Nutzern dieser Dienste mit dem nationalen Recht gestattet wird, von ihnen beispielsweise zum Zweck von Parodien oder Pastiches generierte Inhalte hochzuladen, und dass sie von den Anbietern dieser Dienste darüber informiert werden, dass sie Werke und sonstige Schutzgegenstände im Rahmen der im Unionsrecht vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte nutzen können. Drittens kann nach diesem Art. 17 die Haftung der Diensteanbieter für die Sicherstellung der Nichtverfügbarkeit bestimmter Inhalte nur unter der Voraussetzung ausgelöst werden, dass die betreffenden Rechteinhaber ihnen die einschlägigen und notwendigen Informationen über diese Inhalte übermitteln. Viertens sieht Art. 17 vor, dass seine Anwendung nicht zu einer Pflicht zur allgemeinen Überwachung führen darf, was bedeutet, dass die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten nicht verpflichtet sein können, das Hochladen und die öffentliche Zugänglichmachung von Inhalten zu verhindern, die sie im Hinblick auf die von den Rechteinhabern bereitgestellten Informationen sowie etwaige Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Urheberrecht eigenständig inhaltlich beurteilen müssten, um ihre Rechtswidrigkeit festzustellen. Fünftens führt Art. 17 mehrere verfahrensrechtliche Garantien ein, die das Recht der Nutzer dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in den Fällen schützen, in denen die Anbieter dieser Dienste trotz der Garantien, die in diesen Bestimmungen vorgesehen sind, dennoch irrtümlich oder ohne Grundlage zulässige Inhalte sperren sollten.

Der Gerichtshof zieht daraus den Schluss, dass die sich aus der mit der Richtlinie eingeführten speziellen Haftungsregelung ergebende Verpflichtung der Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten, die Inhalte, die Nutzer auf ihre Plattformen hochladen möchten, vor ihrer öffentlichen Verbreitung zu kontrollieren, vom Unionsgesetzgeber mit angemessenen Garantien versehen wurde, um die Wahrung des Rechts der Nutzer dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit und das angemessene Gleichgewicht zwischen diesem Recht und dem Recht des geistigen Eigentums sicherzustellen. Nichtsdestoweniger ist es Sache der Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung von Art. 17 der Richtlinie in ihr innerstaatliches Recht darauf zu achten, dass sie sich auf eine Auslegung dieser Bestimmung stützen, die es erlaubt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Charta geschützten Grundrechten sicherzustellen.“

(aus: Gerichtshof der Europäischen Union, PRESSEMITTEILUNG Nr. 65/22, Luxemburg, den 26. April 2022)

Ein paar Gedanken zur deutschen Umsetzung des Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt finden Sie in meinem nachfolgend verlinkten Blog-Beitrag:

Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen Termin.

Schutz lokaler Produkte

Der Marken- und Kennzeichnungrechtliche Schutz lokaler Produkte aus Europa wird auf neue gesetzliche Grundlagen gestützt.

„Die Kommission hat […] einen Rahmen zum Schutz des geistigen Eigentums an handwerklichen und industriellen Produkten vorschlagen. Dieser Rahmen, der erste seiner Art, beruht auf der Originalität und Authentizität traditioneller Praktiken aus den europäischen Regionen. Er erfasst Produkte wie Murano-Glas, Donegal-Tweed, Porzellan aus Limoges, Messerschmiedewaren aus Solingen und Bunzlauer Keramik. Obwohl diese hoch geschätzten Produkte einen europaweiten, teilweise weltweiten Ruf genießen, verfügten die Hersteller bislang über keinen EU-weiten Schutz der Bezeichnung, die Ursprung und Ansehen ihrer Produkte mit deren Qualität verknüpft.

Aufbauend auf dem Erfolg des Systems der geografischen Angaben für Weine, Spirituosen und landwirtschaftliche Erzeugnisse, möchte die Kommission mit dem heutigen Verordnungsvorschlag den Herstellern eine Möglichkeit zum Schutz handwerklicher und industrieller Produkte, die mit ihrer Region assoziiert werden, sowie ihres traditionellen Know-how an die Hand geben, der sich in Europa und darüber hinaus auswirkt. Dank dem in der Verordnung vorgesehenen Schutz der Produktbezeichnung auf europäischer Ebene können die Verbraucherinnen und Verbraucher die Qualität solcher Produkte leichter erkennen und fundiertere Entscheidungen treffen. Sie wird in den europäischen Regionen dazu beitragen, Qualifikationen und Arbeitsplätze zu fördern, anzuziehen und zu erhalten und so zur wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen beitragen. Der Vorschlag würde auch dafür sorgen, dass traditionelle handwerkliche und industrielle Produkte mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen gleichgestellt werden, für die bereits geschützte geografische Angaben existieren.“

(Europäische Kommission, aus der Pressemitteilung vom 13. April 2022)

Nicht schon wieder

Das Doppelbestrafungsverbot („ne bis in idem“) und die Rechtskraft des Urteils (insbesondere des Freispruchs) sind in mehreren Vorschriften der Verfassung festgeschrieben. Kann die „materielle Gerechtigkeit“ dies überweigen? Nein, wir brauchen § 362 Nr. 5 StPO nicht.

in dubio pro reo

Unser Strafprozessrecht muss nach wie vor die „selbstverständliche Wertung zum Ausdruck [bringen], dass die Verurteilung eines Unschuldigen das gerechtigkeitsempfinden in einem ungleich höheren
Maße verletzt als der Freispruch eines (möglicherweise) Schuldigen aus Beweisgründen.“

Die Beweislast des Staates im Strafverfahren

„Ist der Staat für die Erreichung des Prozesszwecks im Grundverfahren zuständig, so ist es billig, ihm und nicht dem Verurteilten bzw. Freigesprochenen im Wiederaufnahmeverfahren die Verantwortung für eine Nichterreichung des Verfahrensziels zuzurechnen (Prinzip der asymmetrischen Prozessrisikoverteilung). Dies gilt umso mehr, als der Freispruch eines Schuldigen mangels Beweises im Gegensatz zur Verurteilung eines Unschuldigen kein Fehlurteil ist.“

Im Ergebnis

„Die Bundesrechtsanwaltskammer gelangt zu dem Ergebnis, dass § 362 Nr. 5 StPO einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält.“

(aus der Stellungnahme Nr. 14 der Bundesrechtsanwaltskammer von März 2022)

Von russischen Pferden und trojanischen Bären

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) darf vor einer Virenschutzsoftware, deren Hersteller seinen Hauptsitz in Moskau hat, warnen

„Der Gesetzgeber habe den Begriff der Sicherheitslücke, die das BSI zu einer Warnung berechtige, weit formuliert. Virenschutzsoftware erfülle aufgrund der weitreichenden Berechtigungen zu Eingriffen in das jeweilige Computersystem grundsätzlich alle Voraussetzungen für eine solche Sicherheitslücke. Dass ihr Einsatz dennoch empfohlen werde, beruhe allein auf dem hohen Maß an Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Herstellers. Daher liege jedenfalls dann eine Sicherheitslücke vor, wenn das erforderliche hohe Maß an Vertrauen in den Hersteller nicht (mehr) gewährleistet sei.“

(Verwaltungsgericht Köln, Pressemitteilung vom 01. April 2022, Beschluss Az.: 1 L 466/22)