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Auskunft über Beschuldiger

Zum Anspruch des Mieters auf Auskunft über eine Person, die ihn beschuldigt hat

Der Bundesgerichtshof hat die abweisende Entscheidung der Instanzgerichte aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverswiesen:

„Das Recht jeder Person, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken, ist in Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der Charta im Rahmen des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten verbürgt. Es dient dem Zweck, dass sich die betroffene Person der Verarbeitung der sie betreffenden Daten bewusst wird und deren Rechtmäßigkeit überprüfen kann (Erwägungsgrund 63 Satz 1 der DS-GVO). Sie soll sich insbesondere vergewissern können, dass sie betreffende personenbezogene Daten richtig sind und in zulässiger Weise verarbeitet werden.“

(aus BGH, Urteil vom 22. Februar 2022 – VI ZR 14/21)

Privatkopien in der Cloud

Die Mitgliedstaaten müssen weder Cloud-Anbieter noch Cloud-Nutzer zur Zahlung einer Abgabe für Privatkopien in Clouds heranziehen. Ein gerechter Ausgleich an die Rechtsinhaber kann anderweitig vorgesehen werden.

Praktisch bedeutet dies für Verbraucher, dass sie auch künftig für Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch ihre Cloud nutzen können.

„Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass der Ausdruck „Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern“ im Sinne dieser Bestimmung die Erstellung von Sicherungskopien urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken auf einem Server umfasst, auf dem der Anbieter von Cloud-Computing-Dienstleistungen einem Nutzer Speicherplatz zur Verfügung stellt.

Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er der Umsetzung der Ausnahme im Sinne dieser Bestimmung durch eine nationale Regelung, nach der die Anbieter von Dienstleistungen der Speicherung im Rahmen des Cloud-Computing keinen gerechten Ausgleich für Sicherungskopien leisten müssen, die natürliche Personen, die diese Dienste nutzen, ohne Erlaubnis von urheberrechtlich geschützten Werken zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke erstellen, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung die Zahlung eines gerechten Ausgleichs an die Rechtsinhaber vorsieht.“

(Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24. März 2022, Az. C‑433/20)

Kostenlos in der EU telefonieren

Die Verordnung über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union wird um 10 Jahre verlängert

„Am 24. Februar 2021 hat die Kommission eine Neufassung der geltenden Roaming-Verordnung vorgeschlagen, damit die Verbraucher das sogenannte Roaming in anderen Mitgliedstaaten auch künftig ohne Zusatzentgelte nutzen können. Mit der neuen Verordnung würde das Roaming zu Inlandspreisen um zehn Jahre bis 2032 verlängert. Das Europäische Parlament soll voraussichtlich im März im Plenum über die in den interinstitutionellen Verhandlungen erzielte Einigung abstimmen.“

Europäisches Parlament, Think Tank / Wissenschaftlicher Dienst, AUF EINEN BLICK, Plenum – März II 2022

Feta aus Dänemark in Drittstaaten

Der Feta-Saga letzter Akt? Die Verwendung des eingetragenen Namens „Feta“ für in Dänemark hergestellten Käse, der zur Ausfuhr in Drittstaaten bestimmt ist, ist nach Ansicht der Generalanwältin in der Rechtssache C-159/20 unionsrechtswidrig.

1. Verbraucherschutz, Kennzeichnung und geistiges Eigentum an traditionellen Landwirtschaftserzeugnissen

Marken- und Kennzeichnungsrecht dient nicht nur dem Schutz der Vermarkter.

Aus Sicht von Kunden und Verbrauchern geht es schlichtweg darum, zu Hause im Kühlschrank auch das Produkt vorzufinden, dass man beim Griff ins Regal erwartet hat (und erwarten durfte).

Das Recht des unlauteren Wettbewerbs ist immer auch Verbraucherschutz(-recht). Eine bestimmte Vorstellung beim Kunden auszunutzen oder -lösen kann Ihren Gewinn erhöhen. Wenn Sie darüber hinaus eine Fehlvorstellung auslösen, betrifft das auch Ihre Mitbewerber – Fair Play.

a. Ist jeder Weichkäse Camenbert?

Jedenfalls im allgemeinen Sprachgebrauch in Deutschland ist mit „Camembert“ ganz regelmäßig Weichkäse gemeint – noch nicht einmal aus Frankreich. Jedenfalls hier ist Camembert einfach die Gattungsbezeichnung für Weichkäse (mit Schimmel).

Eine gewisse Cremigkeit sollte das entsprechende Produkt schon aufweisen. Wenn Sie nach dem Abheben der Folie oder des Tuchs lediglich ein Stück geronnene Milch, das eher an Feta als erinnert als an Camembert und Sie beim ungläubigen Blick auf die Verpackung ein fett gedrucktes „Brie“ vorfinden, fühlen Sie sich zu Recht betrogen. Wenn Sie wegen „dem einen Euro“ nicht Händler, Vermarkter oder Hersteller verklagen, entsprechen Sie vollkommen dem Durchschnittsmenschen. Sie lassen das Stück einfach noch einen Monat im Kühlschrank liegen bis es zu Käse geworden geniessbar geworden ist – und der Reifungsprozess ist erfolgreich auf Sie outgesourct worden.

b. Geschützte Ursprungsbezeichnung(en) – g.U., g.A., g.g.A. oder gar nicht

Dass ich in meinem Leben weder einen (wirklich richtig echten) Camembert noch einen entsprechenden „Feta“ gegessen habe – höchstens unbewusst – wurde mir spätestens bei Lektüre der Historie des Feta, die Sie in den Schlussanträgen des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache C-317/95 vom 24. Juni 1997 finden, bewusst. Es wird deutlich, dass es bei Feta nicht einfach nur um irgendeinen Käse geht.

Die Generalanwältin legt den Finger jedenfalls in die richtige Wunde, wenn Sie von „falschem Feta“ berichtet. Das geistige Eigentum an traditionellen landwirtschaftlichen Produkten und/oder ihrer Bezeichnung kann eine emotional behaftete regionale (oder wie hier gar nationale) Angelegenheit sein.

Schließlich kann die Frage, wem lokale Rescourcen zustehen, existenziell sein.

2. Der Schlussantrag der Generalanwältin

Sie werden verstehen, dass ich jetzt auf die nicht unweit entfernt gelegene Einkaufsmeile gehen und versuchen werde, einen (wirklich richtig echten) Feta zu bekommen. Daher kann ich Sie jetzt gerade nur auf die PRESSEMITTEILUNG Nr. 47/22 des Gerichtshofs der Europäischen Union, Luxemburg, vom 17. März 2022 verweisen, aus der ich wie Folgt zitiere:

„Feta wurde im Jahr 2002 als geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) eingetragen. Seitdem darf die Bezeichnung „Feta“ nur für Käse verwendet werden, dessen Ursprung in dem bestimmten geografischen Gebiet in Griechenland liegt und der der einschlägigen Produktspezifikation entspricht.

In diesem Vertragsverletzungsverfahren macht die Kommission, unterstützt durch Griechenland und Zypern, geltend, dass Dänemark gegen seine Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 1151/2012 verstoßen habe, indem es die Verwendung des Namens „Feta“ für Käse, der in Dänemark erzeugt werde, aber zur Ausfuhr in Drittstaaten bestimmt sei, nicht vermieden oder beendet habe.

Dänemark macht demgegenüber geltend, die Verordnung Nr. 1151/2012 sei nur auf in der Union vermarktete Erzeugnisse anwendbar und gelte nicht für Ausfuhren in Drittstaaten. Dänemark bestreitet also nicht, dass es Erzeuger in seinem Hoheitsgebiet nicht davon abhält, die Bezeichnung „Feta“ zu verwenden, wenn ihre Erzeugnisse für die Ausfuhr in Drittstaaten bestimmt sind, mit denen die EU noch kein internationales Abkommen, das den Schutz dieser Bezeichnung garantiert, abgeschlossen hat.

In ihren Schlussanträgen vom heutigen Tag vertritt Generalanwältin Ćapeta die Auffassung, dass die Verordnung Nr. 1151/2012 solche Ausfuhren in Drittstaaten erfasse. […]

Zunächst räumt die Generalanwältin ein, dass aus der Perspektive Dänemarks ein solche Auslegung ein Handelshemmnis darstellen könne. Das Verbot der Ausfuhr von in dänischem Hoheitsgebiet erzeugtem Käse unter der Bezeichnung „Feta“ in Drittstaaten könne jedoch aus Gründen gerechtfertigt werden, die auf dem Schutz von Rechten des geistigen Eigentums beruhten. Zwar sei ein freier Handel zweifellos einer der von der Unionsrechtsordnung geachteten Werte, die vorgeschlagene Auslegung berücksichtige aber neben wirtschaftlichen Interessen andere Interessen, die ebenfalls Teil der Vorstellungen der Unionsbürger davon seien, was eine gute Lebensqualität darstelle.

Die Generalanwältin fügt hinzu, dass die Verordnung Nr. 1151/2012 auf der doppelten Rechtsgrundlage der Art. 43 Abs. 2 (gemeinsame Agrarpolitik) und 118 AEUV (europäische Rechte des geistigen Eigentums) erlassen worden sei. Dies weise darauf hin, dass der Grundgedanke, auf dem diese Verordnung beruhe, darin bestanden habe, die Situation der landwirtschaftlichen Erzeuger zu verbessern, indem Erzeugnissen mit traditionellen Erzeugungsarten der Schutz des geistigen Eigentums zugute komme.

Zudem gebe es eine Vorgeschichte einer Reihe von Unionsmaßnahmen, die eine glaubhafte und kohärente, auf das größtmögliche Schutzniveau für Unionserzeugnisse, deren Qualität durch ihre Verbindung zu einem bestimmten geografischen Gebiet erkannt werden könne, abzielende
Unionspolitik darstellten, die die Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger solcher Erzeugnisse verbessern könne.

Bei einer Einordnung in die allgemeine, auf den Schutz geschützter Ursprungsbezeichnungen abzielende Unionspolitik erscheine folglich die Auslegung der Verordnung Nr. 1151/2012 in dem Sinne, dass sie die Ausfuhr von Erzeugnissen, die eingetragene Bezeichnungen widerrechtlich verwendeten, auch in Drittstaaten, in denen ein solcher Schutz (noch) nicht gewährt werde, verbiete, als diejenige Auslegung, die den Willen des Unionsgesetzgebers bestmöglich widerspiegele.

Die Generalanwältin schlägt dem Gerichtshof daher vor, festzustellen, dass Dänemark gegen seine Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 1152/2012 verstoßen hat, indem es die Verwendung des Namens „Feta“ für in Dänemark erzeugten, aber zur Ausfuhr in Drittstaaten bestimmten Käse nicht vermieden oder beendet hat. […]“

(Gerichtshof der Europäischen Union, PRESSEMITTEILUNG Nr. 47/22, Luxemburg, den 17. März 2022)

3. Übrigens

…kommt Tzatziki gar nicht aus der Türkei.

Data Act

(Allgemeine) Nutzung von Industrie- und Gerätedaten

Die Europäische Kommission legt nunmehr „einen Vorschlag für neue Vorschriften darüber vor, wer die in den Wirtschaftssektoren in der EU erzeugten Daten nutzen darf und Zugriff darauf hat. […]

Der Vorschlag für das Datengesetz beinhaltet

  • Maßnahmen, damit Nutzer Zugang zu den von ihren vernetzten Geräten erzeugten Daten haben, die häufig ausschließlich von Herstellern gesammelt werden, und diese Daten an Dritte weitergeben können, die anschließende Dienste oder andere datengesteuerte innovative Dienste anbieten. Es bietet nach wie vor Anreize für Hersteller, in eine hochwertige Datenerzeugung zu investieren, weil es ihnen ermöglicht, die durch die Datenweitergabe entstehenden Kosten zu decken, und gleichzeitig ausschließt, dass die von ihnen bereitgestellten Daten verwendet werden, um damit in direkten Wettbewerb zu ihrem Produkt zu treten.
  • Maßnahmen zur Wiederherstellung einer ausgewogenen Verhandlungsmacht für KMU durch Verhinderung von Ungleichgewichten in Verträgen über die gemeinsame Datennutzung. Das Datengesetz schützt KMU vor missbräuchlichen Vertragsklauseln, die von einer Vertragspartei mit einer deutlich stärkeren Verhandlungsposition vorgegeben werden. Die Kommission wird auch Mustervertragsbedingungen entwickeln, um KMU dabei zu helfen, faire Verträge über die gemeinsame Datennutzung abzufassen und auszuhandeln.
  • Mittel für Behörden für den Zugang zu und die Nutzung von Daten im Besitz des Privatsektors, die unter besonderen Umständen und vor allem bei öffentlichen Notständen wie Überschwemmungen und Waldbränden benötigt werden oder aber zur Wahrnehmung eines rechtlichen Mandats, sofern Daten nicht anderweitig verfügbar sind. Der Datenzugang ist erforderlich, damit rasch und sicher reagiert werden kann und Unternehmen dabei möglichst wenig belastet werden.
  • Neue Vorschriften, damit Kunden effektiv wechseln können zwischen Anbietern von Cloud-Datenverarbeitungsdiensten, und führt Schutzmaßnahmen gegen unrechtmäßige Datenübermittlungen ein. […]

Verbraucher und Unternehmen haben Zugang zu den von ihren Geräten erzeugten Daten und können sie für anschließende Dienste und Dienste mit Zusatznutzen wie vorausschauende Wartung verwenden. Dank zusätzlicher Informationen können Verbraucher und Nutzer wie landwirtschaftliche Betriebe, Fluggesellschaften und Bauunternehmen bessere Entscheidungen treffen und z. B. hochwertigere oder nachhaltigere Produkte und Dienste erwerben und damit zu den Zielen des Grünen Deals beitragen.

Unternehmen und Industrieakteure haben Zugang zu mehr Daten und profitieren von einem Wettbewerbsmarkt für Daten. Anbieter von anschließenden Diensten können ihre Dienste besser auf den jeweiligen Bedarf ihrer Kunden zuschneiden und so mit Herstellern konkurrieren, die vergleichbare Dienste anbieten. Außerdem können Daten zusammengeführt werden, um vollkommen neue digitale Dienste zu entwickeln. […]

[Ziel ist es,] die EU an die Spitze der datengesteuerten Wirtschaft zu bringen.“

(Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 23. Februar 2022)

Nachbars Kamera

Private Überwachungskameras sind zu entfernern, wenn Sie eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten müssen – so das Amtsgericht Bad Iburg in einer Nachbarsschaftsstreitigkeit.

„Das Amtsgericht Bad Iburg hat den Beklagten verurteilt, die Kameras zu entfernen oder so auszurichten, dass die Linsenbereiche der Kameras vom Grundstück der Klägerin aus nicht mehr zu sehen sind.

Ein Unterlassungsanspruch könne nämlich schon dann bestehen, wenn jemand eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müsse („Überwachungsdruck“).

Dies sei hier der Fall gewesen. Denn die Klägerin habe aufgrund der Umstände objektiv ernsthaft befürchten müssen, in den Überwachungsbereich der Kameras einbezogen zu werden. Beide Kameras seien grundsätzlich von der Anbringung und vom Erfassungswinkel her in der Lage, das Grundstück der Klägerin (teilweise) zu erfassen.“

(Amtsgerichts Bad Iburg, Pressemitteilung vom 02. März 2022, Urteil vom 12. November 2021, Aktenezeichen 4 C 366/21)

Das Urteil wendet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09, an. Danach kann bei der Installation von Überwachungskameras auf einem privaten Grundstück das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines vermeintlich überwachten Nachbarn schon aufgrund einer konkreten Verdachtssituation beeinträchtigt sein.

Netzwerk Durchsetzung

§ 3a und § 4a des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sind wegen Verstoßes gegen EU-Recht rechtswidrig – so jedenfalls das Verwaltungsgericht Köln.

„Das novellierte NetzDG verpflichtet mit dem neu eingefügten § 3a Anbieter sozialer Netzwerke dazu, Inhalte, die ihnen im Rahmen einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte (sog. NetzDG-Beschwerde) gemeldet worden sind und welche sie entfernt oder zu denen sie den Zugang gesperrt haben, auf das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für bestimmte Straftatbestände zu überprüfen. Liegen solche Anhaltspunkte vor, müssen die Inhalte zusammen mit bestimmten Nutzerangaben an das Bundeskriminalamt übermittelt werden. § 3b NetzDG verpflichtet die Anbieter sozialer Netzwerke dazu, ein Gegenvorstellungsverfahren in Bezug auf Entscheidungen über die Entfernung oder die Sperrung des Zugangs zu einem Inhalt einzuführen. In § 4a NetzDG wird das Bundesamt für Justiz als für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des NetzDG zuständige Behörde bestimmt.

Die in Irland niedergelassenen Anbieter der sozialen Netzwerke Youtube (Google), Facebook und Instagram (beide Meta) haben mit ihren Eilanträgen jeweils die Feststellung beantragt, dass sie nicht den neu geschaffenen Pflichten des NetzDG unterliegen. Zur Begründung machten sie Verstöße gegen Unionsrecht sowie nationales Verfassungsrecht geltend.

In der Sache hat das Gericht entschieden, der Gesetzgeber habe bei der Einführung des § 3a NetzDG gegen das Herkunftslandprinzip der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (ECRL) verstoßen. Nach diesem Prinzip richten sich die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedsstaat der EU niedergelassenen Anbieter elektronischer Dienste nach dem Recht seines Sitzstaates. Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf Ausnahmen von diesem Prinzip berufen, da der Gesetzgeber weder das für Ausnahmen vorgesehene Konsultations- und Informationsverfahren durchgeführt habe noch die Voraussetzungen eines Dringlichkeitsverfahrens vorgelegen hätten.

§ 4a NetzDG, der nur im Verfahren von Google Streitgegenstand war, verstoße gegen die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, die auf Videosharingplattform-Dienste Anwendung finde. Diese statuiere den Grundsatz der rechtlichen und funktionellen Unabhängigkeit der zur Überwachung der Pflichtenerfüllung der Diensteanbieter zuständigen Medienbehörden. Da das als Bundesoberbehörde eingerichtete Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz unterstehe und von diesem Weisungen entgegennehme, könne von der von der Richtlinie geforderten Staatsferne beim Bundesamt für Justiz keine Rede sein.“

(Verwaltungsgericht Köln, Pressemitteilung vom 01. März 2022, Aktenzeichen der Entscheidungen 6 L 1277/21 (Google Ireland Ltd.) und 6 L 1354/21 (Meta Platforms Ireland Limited)

Namen? Klar!

Kann man in sozialen Netzwerken Wahlnamen (also etwa Pseudonyme wie Künstlernamen) verwenden? Für länger bestehende Nutzerkonten ist dies nun höchstrichterlich bestätigt.

Die Entscheidungen

Soweit in den Nutzungsbestimmungen eines internationalen sozialen Netzwerks (von Januar 2015 bzw. April 2018 ) die Pflicht zur Nutzungs des Zwangsnamens (im Sinne des Namens kraft Gesetzes) vorgesehen ist, ist die jeweils entsprechende Bestimmung unwirksam.

Mit Urteil des III. Zivilsenats vom 27.1.2022 – III ZR 3/21 – hat der Bundesgerichtshof die Beklagte – die nationale Tochtergesellschaft der Betreiberin eines internationalen sozialen Netzwerks – verurteilt, es zu dulden, dass der Kläger seinen Profilnamen in ein Pseudonym ändert, und dem Kläger unter Verwendung des gewählten Profilnamens Zugriff auf die Funktionen seines Nutzerkontos zu gewähren:

„Nach den für diesen Fall maßgeblichen Nutzungsbedingungen vom 19. April 2018 hat der Kontoinhaber bei der Nutzung des Netzwerks den Namen zu verwenden, den er auch im täglichen Leben verwendet. Diese Bestimmung ist unwirksam, weil sie den Kläger zum Zeitpunkt ihrer Einbeziehung in den Nutzungsvertrag der Parteien am 30. April 2018 entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte. Sie ist mit dem in § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung zum Ausdruck kommenden Grundgedanken, dass der Diensteanbieter die Nutzung der Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, nicht zu vereinbaren.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 013/2022)

Nach dem Urteil des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 27.1.2022 – III ZR 4/21 – kann die beklagte Betreiberin eines sozialen Netzwerks von der klagenden Nutzerin nicht verlangen, ihren Profilnamen in ihren wahren Namen zu ändern: „Die Bestimmung zur Klarnamenpflicht in den hier maßgeblichen Nutzungsbedingungen der Beklagten zum Stand 30. Januar 2015 ist ebenfalls unwirksam. Diese Bedingungen enthalten eine Regelung, wonach die Nutzer ihre wahren Namen und Daten anzugeben haben.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 013/2022)

Ein paar Gedanken zu den Entscheidungen

Die Urteile betreffen unmittelbar die Nutzungsbedingungen des betroffenen sozialen Netzwerks zum Stand 30. Januar 2015 bzw. 30. April 2018 und beruhen insbesondere den Wertungen des § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung.

§ 13 Abs. 6 TMG lautete: Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.

Ob seit dem 01. Dezember 2021 ein soziales Netzwerk von Nutzern die Verwendung des Namens kraft Gesetzes (Klarname oder Zwangsname) verlangen kann, ist höchstrichterlich noch nicht entscheiden.

Grundsätzlich schützen sowohl das Namensrecht als auch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht nur den bürgerlichen Namen kraft Gesetzes, sondern auch Wahlnamen wie etwa Künstlernamen.

Zu den Einzelfragen – Fragen Sie Ihren Rechtsanwalt!

§ 219a StGB …

… wird zu Recht aufgehoben.

§ 219a Abs. 1 StGB (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft) lautet:

Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise

1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder

2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Demnach könnte schon die bloße Informationen über das Angebot der Dienstleistung strafbar sein. Auf die Einzelheiten soll es für den Beitrag nicht ankommen.

Für Schwangerschaftsabbrüche gilt nach dem Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 1975, Az. 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74, Leitsätze 1 bis 5, zunächst:

1.           Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Die Schutzpflicht des Staates verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe in das sich entwickelnde Leben, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen.
2.           Die Verpflichtung des Staates, das sich entwickelnde Leben in Schutz zu nehmen, besteht auch gegenüber der Mutter.
3.           Der Lebensschutz der Leibesfrucht genießt grundsätzlich für die gesamte Dauer der Schwangerschaft Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und darf nicht für eine bestimmte Frist in Frage gestellt werden.
4.           Der Gesetzgeber kann die grundgesetzlich gebotene rechtliche Mitbilligung des Schwangerschaftsabbruchs auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen als mit dem Mittel der Strafdrohung. Entscheidend ist, ob die Gesamtheit der dem Schutz des ungeborenen Lebens dienenden Maßnahmen einen der Bedeutung des zu sichernden Rechtsgutes entsprechenden tatsächlichen Schutz gewährleistet. Im äußersten Falle, wenn der von der Verfassung gebotene Schutz auf keine andere Weise erreicht werden kann, ist der Gesetzgeber verpflichtet, zur Sicherung des sich entwickelnden Lebens das Mittel des Strafrechts einzusetzen.
5.           Eine Fortsetzung der Schwangerschaft ist unzumutbar, wenn der Abbruch erforderlich ist, um von der Schwangeren eine Gefahr für ihr Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes abzuwenden. Darüber hinaus steht es dem Gesetzgeber frei, andere außergewöhnliche Belastungen für die Schwangere, die ähnlich schwer wiegen, als unzumutbar zu werten und in diesen Fällen den Schwangerschaftsabbruch straffrei zu lassen.

Der Tatbestand des § 218 [StGB – Schwangerschaftsabbruch] ist nicht verwirklicht, wenn

1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,

2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und

3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

§ 219 Abs. 1 StGB lautet:

„Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen; sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei muß der Frau bewußt sein, daß das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und daß deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Die Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen.“

Ich bin nicht für die voraussetzungslose Abtreibung. Ich bin dagegen, Frauen in entsprechender Situation Schuld zuzuweisen. Frauen soll durch eine medizinsche Behandlung keine Gefahr oder sonstige Nachteile drohen. Die Aufhebung des § 219a StGB ist rechtsdogmatisch konsequent.

(Der Beitrag bezieht sich auf den Vorschlag der Freien Demokratischen Partei vom 7. Januar 2022.)

Uploadfilter – Drück auf die Tube

Uploads und Filter bei YouTube und Co. – Das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz

Sie sagen gerne Ihre Meinung, machen Kunst oder betreiben Wissenschaft öffentlich im Internet. DJs, Filmschaffende, Kurzfilmer, Fotografen, Bildermacher, Forscher, Influencer – aufgepasst!

Ihre Meinung, Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.

Wenn Sie für Ihre Produkte auch auf die Inhalte (den „content“) Anderer zurückgreifen, gilt das auch für die Anderen und deren Output. Bleiben Sie also fair.

Was gilt es vor dem Upload Ihres Content zu beachten?

Es gilt insbesondere das gesamte Urheberrecht – mit seinen Erlaubnissen wie seinen Grenzen. Dieses beantwortet meist die Frage, ob Ihre Freiheit(en) oder die Freiheit(en) des/der Anderen wichtiger sind. Im Zweifelsfall sind insbesondere die Grundrechte der Betroffenen miteinander abzuwägen.

Was machen Upload-Filter?

Upload-Plattformen und Internetseiten für beispielsweise Videos, Fotos, Bilder oder Musik wie YouTube, … prüfen Uploads automatisch auf gewisse Urheberrechtsverletzungen. Gegebenenfalls wird Ihr Inhalt nicht online gestellt und/oder blockiert.

Das Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit
von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten
(Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – UrhDaG) setzt nunmehr einen rechtlichen Rahmen für das Verfahren der Blockierung urheberrechtlich geschützter Inhalte.

Das Gesetz enthält zwar auch Regelungen über mutmaßlich erlaubte Nutzungen. Ob die Nutzung eines fremden urheberrechtlichen Inhalts auch für den hochladenden Nutzer erlaubt ist, bestimmt sich nach wie vor nach dem Urheberrechtsgesetz und evuentuell anderen einschlägigen Gesetzen.

Kann ich mich gegen eine Blockierung oder eine ablehnende Beschwerdeentscheidung wehren?

Über eine Blockierung oder eine ablehnende Beschwerdeentscheidung können Sie sich beim Betreiber der Seite beschweren. Ob dies in Ihrem Sinne ist, bevor Sie sich an ein Gericht wenden, ist eine andere Frage.

Sie können nach wie vor die ordentlichen Gerichte – das wären hier die Zivilgerichte – anrufen.

Jemand hat mein Bild, meinen Text, meine Musik oder mein Werk online gestellt – kann ich mich wehren?

Auch Sie können sich an die ordentlichen Gerichte wenden.

Im Zweifelsfall gilt – Fragen Sie Ihren Rechtsanwalt.